Mo., 29.09.2025 14:30h – Fr., 03.10.2025 13:00h
Ausbildung psychologische Naturtherapie
G r u n d k u r s 2 0 2 5:
Natur und Therapie III
Das erlebensorientierte therapeutische Arbeiten
in und mit der Natur
Der Erlebensraum Natur hat sich seit jeher als besonders geeignet für therapeutische Zwecke erwiesen. Für den überzivilisierten Menschen unserer Zeit ist er geradezu prädestiniert, Erfahrungen zu ermöglichen, die seiner Selbst-entfremdung entgegenwirken, ihn wieder rückbinden in der Schicht des Lebens und dabei innerlich wachsen und genesen lassen. Auch die wissenschaftliche Forschung der letzten zwanzig Jahre hat in beeindruckender Weise nachgewiesen, welch positive Wirkung das In-der-Natursein für den modernen Menschen unserer Zeit hat, nicht nur im Hinblick auf seine physische, sondern vor allem auch im Hinblick auf seine psychische und geistige Gesundheit.
Deshalb verspüren viele Frauen und Männer aus den verschiedensten therapeutischen und pädagogischen Tätigkeitsfeldern das Bedürfnis, das Erlebensfeld Natur in ihre Arbeit zu integrieren und für Ziele der persönlichen Entwicklung und Gesundheit einzusetzen. An sie richtet sich dieses Ausbildungsangebot.
Naturtherapie
Das „Erlebensorientierte therapeutische Arbeiten in und mit der Natur (Naturtherapie)“ © ist eine spezielle, psychologisch fundierte Therapieform, in der der Erfahrungsraum Natur für therapeutische Zwecke eingesetzt wird. Sie wurde von Wernher P. Sachon entwickelt und seit 1992 an der Schule für Naturtherapie gelehrt. Die Naturtherapie zielt sowohl auf Selbsterkenntnis und Selbsterweiterung, auf die Entwicklung des Selbst in allen Lebensphasen, wie auch auf die Stärkung von Resilienz und der Fähigkeit zur Genesung und Selbstheilung . Als eine salutogene Therapieform findet sie Anwendung im gesamten Gesundheitsbereich, insbes. in der Primär- und Sekundärprävention und auch in klinischen Settings.
Entscheidend im naturtherapeutischen Ansatz ist die Herstellung einer tragfähigen therapeutischen Beziehung im Sinne einer entwicklungsfördernden ‚einbindenden Kultur’ (Kegan). ‚Therapie’ im hier verwendeten Sinne meint in der ursprünglichen Bedeutung des griechischen therapeia ein ‚Begleiten‚, d.h. eine personale und dialogische Beziehung zu einem anderen Menschen, die einen wirksamen Rahmen zur Verfügung stellt für Entwicklungs- und Übergangsprozesse, für Prozesse der Selbsterkenntnis, Selbsterweiterung und Stärkung des Selbst durch seine Zentrierung, Wiederherstellung seines inneren Zusammenhalt (Kohärenz) und seiner Widerstandskraft.
Die Erlebensorientierung und das Selbst-Natursein
Die zunehmende Funktionalisierung und Verobjektung des Menschen in unserer Zeit hat ihn von seiner eigenen (Er)Lebensgrundlage in einem bisher noch nicht gekannten Ausmaß entfremdet. Im Mittelpunkt der Naturtherapie steht deshalb der Mensch als Subjekt seines Lebens, d.h. nicht nur als ein empirisches, sondern als ein erlebendes Selbst.
Die Wiederherstellung der Erlebensfähigkeit, des Leibseins und die Fähigkeit zur Unmittelbarkeit sind dabei von herausragender Bedeutung. Nur im unmittelbaren und leiblichen Erleben erfassen wir die Welt nicht bloß kognitiv, sondern können sie auch spüren, in einer Resonanzbeziehung zu ihr stehen und auch am Lebensprozess teilhaben der wir selber sind. Dazu benötigen wir eine Haltung von Empfänglichkeit, Offenheit und Durchlässigkeit, die uns auch befähigt zur Empathie, zur verstehenden Teilhabe am Erleben anderer . Diese Offenheit verlangt von uns einen gewissen Mut, nämlich den Mut, das eigene Lebendigsein erst einmal so zu nehmen, wie es im unmittelbaren Erleben auf uns zukommt. Dies ist der Boden, in dem unser Selbstsein gründet.
Im therapeutischen In-und-mit-der-Natur-Sein können Menschen ihr Dasein wiedergewinnen. In der Offenheit gegenüber dem Lebendigen der Natur kann die gewohnte Selbstentfremdung durch ständiges Nach-denken und Vor-stellen in den Hintergrund treten:. Wenn uns in der Natur-draußen das Lebendige wieder ansprechen und berühren darf, dann öffnet sich auch die nach innen verkapselte Seele. In der Berührung mit der Natur berühren wir auch uns selbst von innen her, kommen uns selbst wieder nahe. Das kann einen tiefen Prozess der Öffnung für das Leben einleiten, insbesondere auch für das Leben, das wir selber sind.
Im therapeutischen In-der-Natursein kommen wir auch wieder in Kontakt mit unserer eigenen Instinktnatur, mit unseren primitiven (lat. primitivus, der erste seiner Art) und animalischen Impulsen (lat. anima, Seele). Eine solche Wiedergewinnung des Selbst-Naturseins ist für den denaturierten Menschen unserer Zeit eine Grundbedingung zur Wiedererlangung seines vollen Menschseins. Denn Mensch sind wir immer nur als Ganzes, d.h. nicht nur in dem, was uns von der Tier- und Pflanzenwelt unterscheidet, sondern auch in dem, wo wir selber Natur sind. Wir dürfen heute unser Menschsein und Natursein nicht mehr getrennt voneinander oder gar als Gegensatz denken. Ein denaturiertes Leben ist immer auch ein dehumanisiertes Leben, denn es schneidet uns von dem Wurzelgrund unseres Menschseins ab.
Dies ist ein bedeutsamer Faktor auch für unsere seelische Gesundheit, vor allem im Hinblick auf die Überwindung von Fragmentierung, Entfremdung, Bodenlosigkeit und Narzissmus. Das Selbst-Natursein des Menschen manifestiert sich in einer weltoffenen, selbstbewussten, starken und instinktsicheren Leiblichkeit, in der Fähigkeit zu Bindung und Empathie und insbesondere auch in der natürlichen organismischen Fähigkeit zu Selbstregulation und Selbstheilung.
„Wann immer wir mit der Natur in Berührung kommen werden wir sauber. (…) Menschen, die durch zu viel Zivilisation schmutzig geworden sind, machen einen Waldspaziergang oder baden im Meer. Sie mögen das auf diese oder jene Weise rationalisieren, aber faktisch werfen sie die Fesseln ab und gestatten der Natur, sie zu berühren. Das kann innerlich oder äußerlich geschehen … das ist dasselbe, die Dinge kommen wieder in Ordnung.“ (C.G. Jung) |
Der Therapieansatz
Die Naturtherapie, wie sie an unserer Schule gelehrt wird, ist eine spezielle, naturbasierte Therapieform, die im Feld der humanistisch-existenziellen Psychotherapie angesiedelt ist. Als solche ist sie immer p e r s o n a l e Therapie. Sie ist tiefenpsychologisch insoweit, als sie sich nicht nur mit den Problemen beschäftigt, sondern vor allem mit den psycho-somatischen Strukturen und Grundhaltungen, die diese immer wieder hervorbringen. Deshalb üben wir in den Grundkursen das therapeutische Arbeiten auf drei unterschiedlichen strukturellen Ebenen: Der Ebene des Selbst (I), der charakteristischen Persönlichkeit mit ihren Mustern (Schemata) (II) und der Archetypen (III). Im vierten Grundkurs bewegen wir uns mit diesen Sichtweisen im Kontinuum Gesundheit-Krankheit.
Den therapeutischen Veränderungsprozess konzipieren wir in der Naturtherapie als Entwicklungsprozess. Unser Grundverständnis von Therapie ist b e z i e h u n g s o r i e n t i e r t, das heisst: (Psycho)Therapie ist seinem Wesen nach ein sozialer, ein zwischenmenschlicher Prozess, in dem sich Menschen entwickeln und verändern können. Neue Erfahrungen des Selbst im Erlebens- und Resonanzraum Natur, die sich oft deutlich von unserem Alltagserleben unterscheiden, ermöglichen nur dann eine therapeutische Veränderung, wenn sie in den Kontext einer entwicklungsfördernden und heilsamen therapeutischen Beziehung eingebunden sind. Die therapeutische Arbeit in der naturtherapeutischen Gruppe oder Einzelbeziehung ist deshalb für uns von entscheidender Bedeutung.
Die Lehr- und Lernmethode
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer lernen in diesem Kurs durch Vortrag und Diskussion, durch Selbsterfahrung, Übung,
Falldokumentation und supervisorische Bearbeitung von Praxiserfahrungen. Wir arbeiten in der Naturherapie personzentriert, d.h. die Entwicklung der Person steht auch in unserer Ausbildung im Mittelpunkt. Der Beziehungsraum der Gruppe ist unser zentrales Lern- und Übungsfeld. Unsere gemeinsame Arbeit wird unterstützt durch eine Gruppenatmosphäre von Offenheit und Wahrhaftigkeit, durch Freiheit von Beurteilung und durch die persönliche Begegnung.
Das Lernen in der unmittelbaren persönlichen Erfahrung hat dabei einen hohen Stellenwert. Dieses phänomenologische Lernen wird möglich, wenn wir in der Lage sind, unser eigenes Erleben interessiert und möglichst wertungsfrei teilhabend anzuschauen. Wir können dabei die zentrale therapeutische Fähigkeit entwickeln, in der persönlichen Präsenz stabil zu bleiben, auch wenn wir Ungewohntes oder Problematisches erleben. Dieser Kurs dient deshalb nicht nur der fachlichen Fortbildung, sondern auch der persönlichen Entwicklung der TeilnehmerInnen.
Kursziele
Dieser Ausbildungskurs ist berufsbegleitend und soll die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu einem selbständigen therapeutischen Arbeiten in und mit dem Erlebensraum Natur befähigen, insbes. zur fachkundigen Anwendung spezieller naturtherapeutischer Instrumente und Methoden.
In den vier Kursjahren lernen wir, das Erleben und Verhalten des Menschen auf unterschiedlichen strukturellen Ebenen und durch unterschiedliche psychologische ‚Brillen‘ anzuschauen. Wir erarbeiten uns die dafür notwendigen Basiskonstrukte und theoretischen Grundlagen und eröffnen uns dadurch unterschiedliche Möglichkeiten therapeutischen Handelns.
Die thematischen Schwerpunkte der Kurse I – IV
Kurs I ( 2026) Selbstpsychologie (120 LE)
Vom Begriff der Seele zum psychologischen Begriff des Selbst. Grundlagen der Selbstpsychologie, ihre zentralen Theorien und Ansätze. Die Problematik des narzisstischen Selbst. Therapeutische Stile und Interventionen in der Arbeit mit Selbstprozessen, insbes. das empathische Spiegeln.
Naturtherapie: Das Selbst-Natursein des Menschen. Das Selbst im Spiegel der Naturerfahrung. Der jahreszeitliche Kreis des Selbst. Die therapeutische Arbeit mit dem Kreis des Selbst.
Kurs II (2023) Charakter- und Persönlichkeitspsychologie (120 LE)
Grundlagen der Charakter- u Persönlichkeitspsychologie, insbes. die Basisbegriffe: Muster, Charakter, Abwehr. Charaktertypologie und Charakterneurose. Therapeutische Stile und Interventionen in der Arbeit am und mit dem Charakter, insbes.: die Arbeit im ‚Hier und Jetzt‘ und das therapeutische ‚Feedback’.
Naturtherapie: Im Freien – das freie In-der-Natur-Sein (Umherstreifen) als offener Erfahrungsraum (Schwellenraum). ‚Walking‘ (H._D. Thoreau). ‚Weg’ und ‚Platz’.
Kurs III ( 2024) Archetypische Psychologie (120 LE)
Grundlagen und Basisbegriffe: Archetyp, Symbol, Mythos, Ritual. Schwerpunkte: Mutterarchetyp, Vaterarchetyp, Archetyp der Coniunctio. Die archetypischen Bewegungen des Spiraltanzes und der Heldenreise. Die Arbeit am persönlichen Mythos. Natursymbole, insbes. Tiersymbolik und Jahreszeitensymbolik. Die therapeutische Symbolarbeit.
Naturtherapie: Archetypische Erfahrungsaspekte im Naturerleben. Die praktische Arbeit mit Symbolen. Das Mythologisieren der Natur und das Erzählen (Telling your Story). Die therapeutische Arbeit mit dem Erzählenden.
Kurs IV ( 2025) Natur und Gesundheit (120 LE)
Grundlagen und Basisbegriffe der Salutogenese, insbes.: Resilienz (Widerstandsfähigkeit) und Kohärenzempfinden (sense of coherence) Das Konzept psychischer Gesundheit bei Heinz Kohut (Selbstpsychologie), C.G. Jung und A. Antonovsky. Einführung in die klinische Naturtherapie.
Naturtherapie: Natur als Übung. Der Übungs-Ansatz von Karlfried Graf Dürckheim (personale Leibtherapie). Übungsformen des Sensory Awareness, der Erdung, des Leibseins, der Durchlässigkeit, Achtsamkeit und Unmittelbarkeit. Das ‚Drinsein‘ in der Natur. Der therapeutisch begleitete Übungsspaziergang.
Organisatorisches
Ablauf und Struktur des Kurses
‚Natur und Therapie’ ist der Grundkurs unserer Ausbildung. Er ist zahlenmäßig begrenzt, um ein persönliches Arbeiten zu ermöglichen. Er erstreckt sich über einen Zeitraum von vier Jahren. Die Anmeldungen beziehen sich jedoch jeweils nur auf ein Jahr, d.h. jeder Teilnehmer ist nur für ein Jahr gebunden und macht bei einem Ausscheiden für neue Teilnehmerinnen und Teilnehmer Platz. Ein Einstieg ist also jedes Jahr möglich, soweit Plätze frei werden. Nach Ablauf der vier Jahre beginnt das Curriculum von vorne.
Teilnahmevoraussetzungen
Eine abgeschlossene Berufsausbildung im pädagogisch-therapeutischen Bereich ist hilfreich, aber keine unabdingbare Voraussetzung. Notwendig ist jedoch die ernsthafte Bereitschaft, sich auf eine intensive Selbsterfahrung einzulassen und an der eigenen Haltung zu arbeiten.
Für die Anmeldung ist eine kurze schriftliche Bewerbung notwendig, in der die derzeitige berufliche Tätigkeit, Lebenssituation und die Motive für die Teilnahme dargelegt sind, ferner die Teilnahme an einem Einführungskurs oder ein Vorgespräch mit einem Kursleiter.
Termine Grundkurs IV (2025):
Mo. 02.06., 14:30h – Fr. 06.06.,13:00h
Mo. 28.07., 14:30h – Fr. 01.08., 13:00h
Mo. 29.09., 14:30h – Fr. 03.10., 13:00h
Ort: Die Kurse finden statt im Bildungshof Preißinger, Obere Hauptstr. 55 D-87782 Oberegg,
Unterkunft und Verpflegung: Bildungshof Preissinger. Anmeldung: Marlene.preissinger@web.de.
Anmeldung (schriftlich, mit Anmeldeformular): Exist–Schule für Naturtherapie, Südweg 2a, D-86825 Bad Wörishofen
Teilnahmegebühr: 1040,- €
Kursleitung: Dr. Wernher P. Sachon (Gesamtleitung) und Christine Lallinger