„Man muss wissen, wann innezuhalten ist.
Wer weiß, wann innezuhalten ist,
wird niemals fehlschlagen.“ (Lao-Tse)
Es gibt Zeiten in unserem Leben, in denen wir die Notwendigkeit verspüren, innezuhalten. Es sind Zeiten, in denen wir Erneuerung suchen oder Heilung oder den Sinn oder ganz einfach nur die Stille. Dann wollen wir alles hinter uns lassen, dann treibt es uns hinaus ins Freie, ins Offene, zurück zum Lebendigen, zum Ursprünglichen.
Draußen in den Bergen, nur mit dem Allernötigsten ausgestattet, den elementaren Kräften der Natur ausgesetzt, fastend, alleine mit uns selbst und der lebendigen Erde, lassen wir uns absinken in die eigene Tiefe, in den mütterlichen Grund, dort, wo wir nur noch Leben sind, verbunden mit all dem anderen Leben. Wir können uns einer solchen existenziellen Erfahrung anvertrauen, weil wir eingebunden sind in die Gemeinschaft der Gruppe und sicher begleitet von den erfahrenen und haltgebenden Leitern und Leiterinnen.
Die Vision Quest (Visionssuche) ist ein hilfreiches naturtherapeutisches Ritual insbesondere für Menschen, die sich ihrer eigenen Existenz vergewissern und sich erneuern wollen: Wer bin ich? Wofür lebe ich? Meist sind es Menschen im Übergang, die sich solche Fragen stellen, Menschen, die an einem Wendepunkt in ihrem Leben angekommen sind. Eingespielte Rollen sind vielleicht ins Wanken geraten, Veränderungen in den wichtigen Beziehungen bahnen sich an oder vollziehen sich gerade, eine berufliche Tätigkeit erfüllt uns nicht mehr oder es hat sich eine innere Unruhe in uns festgesetzt, von der wir nicht wissen, woher sie kommt und welche Bedeutung sie für uns bereithält.
Was wird geschehen, wenn ich innehalte, mich auf mich selbst und die mich umgebende Natur tief einlasse – was wird zum Vorschein kommen? Was ist es, was von innen her immer wieder anklopft und vielleicht gerade jetzt in mein Leben treten will, was ist das für ein starkes Gefühl, das mich immer wieder tief berührt, was ist das für eine Lebensthematik, die eine neue Antwort von mir verlangt oder: Welche inneren Bestrebungen wollen endlich erhört werden? Ein paarmal in unserem Leben gilt es, uns vom Grunde her zu erneuern, neu auszurichten – einen Aufbruch zu wagen.
Zu allen Zeiten sind Menschen diesen Weg gegangen: Sie haben sich herausgelöst aus der Welt ihres Alltags und sind hinausgegangen in die Berge, zum Fasten, zum Bitten, zum ‚Flehen um eine Vision’ – das ist die ursprüngliche Bedeutung des indianischen Hanblecheyapi-Rituals, aus dem die heutige Form der Vision Quest hervorgegangen ist. Sie haben sich aufgemacht auf die Suche nach einem neuen inneren Standort, von dem aus sie die Bewegungen ihres eigenen Lebens klarer erkennen, tiefer verstehen und ihren Lebensentwurf erneuern konnten. Sie haben ihr Bündel gepackt, haben ihrem Zuhause den Rücken gekehrt und sich draußen in den Bergen wieder dem ursprünglichen Leben hingegeben, das sie selber sind.
Sich dem Visionssuche-Ritus zu unterziehen heißt: Bereit zu sein, für zehn Tage alle gewohnten Einbindungen aufzugeben und aus dem Raum und der Zeit des Alltags herauszutreten. Draußen in den Bergen, allein und nur mit dem Allernötigsten ausgestattet, fällt vieles ganz von selbst weg, was uns im Alltag so oft den Blick verstellt.
Die Vision Quest (Visionssuche) ist ein intensives Ritual des Übergangs, der Erneuerung und der existenziellen Erfahrung in der Natur. Wie jeder Übergangsritus ist sie gegliedert in drei Phasen: In die Phase der Trennung (wir lassen die gewohnten Lebensumstände hinter uns), der Schwelle (allein in der Natur lauschen, schauen und bitten wir, halten Zwiesprache mit dem Leben) und der Inkorporation (wir kehren zurück in die Gemeinschaft der Gruppe, berichten und erhalten deren Bestätigung und Bekräftigung).
A b l a u f:
Nach einem ausführlichem persönlichen V o r g e s p r ä c h mit den Leitern bereiten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer anhand einer Vorbereitungsmappe zu Hause auf die Vision Quest vor. In den ersten drei Tagen der Gruppe unterstützen wir sie dabei, ihre derzeitige Lebenssituation, ihre Motive und Ziele für die Quest zu klären. Wir machen die Quester mit dem Grundmuster dieses Ritus vertraut und bereiten sie darauf vor, wie man der äußeren und inneren Situation des einsamen Fastens in den Bergen gewachsen ist. Vier Tage und vier Nächte sind sie dann alleine draußen, nur mit Schlafsack und einer kleinen Zeltplane ausgestattet. Niemand weiß genau, wo sie sind. In den Tagen danach begleiten wir sie bei der Integration ihres Erlebens und bereiten sie vor auf die Rückkehr in ihren Alltag.
In dem Jahr nach der Vision Quest besuchen die Quester ihren Platz in den Bergen und schließen damit die Visionssuche ab. Auch ist in dieser Zeit ein persönliches N a c h g e s p r ä c h mit den Leitern möglich. Jedes Jahr besteht auch die Möglichkeit, sich während unseres jährlichen Sommer-Gatherings im Kreis ehemaliger Quest-TeilnehmerInnen rückzubinden, zu berichten und die eigenen Quest-Erfahrungen zu erneuern.
Wir arbeiten in den Vision Quest-Gruppen der Schule in kleinen Gruppen mit maximal 6 TeilnehmerInnen auf individueller und persönlicher Basis. Grundlage ist die Form, wie sie von Steven Foster an der School of Lost Borders in Kalifornien gelehrt wurde und von Wernher P. Sachon an der Schule für Naturtherapie weiterentwickelt wurde.
V o r a u s s e t z u n g e n d e r T e i l n a h m e:
Die Vision Quest ist eine offene Selbsterfahrungsgruppe für Frauen und Männer ab 18 Jahren. (Für die Zertifizierung zum/r Naturtherapeuten/in ist die Teilnahme an der Quest eine verbindliche Selbsterfahrung, es sei denn, es stehen gesundheitliche Gründe entgegen.)
Voraussetzungen der Teilnahme sind:
-eine gute körperliche, seelische und geistige Verfassung, die es den Teilnehmern ermöglicht, im Ausnahmezustand des einsamen Fastens in den Bergen stabil zu bleiben und verantwortungsbewusst mit Risikosituationen umzugehen.
-die schriftliche Anmeldung auf dem Anmeldeformular der Schule, eine schriftliche Darstellung der persönlichen Motive und Ziele und die Rücksendung des ausgefüllten Gesundheitsfragebogens.
-ein persönliches Vorgespräch mit den Leitern. Erst nach diesem Vorgespräch wird die Anmeldung verbindlich bestätigt.
T e r m i n 2 0 2 5:
Fr., 20.06., 9:30h – So., 29.06., ca. 13:00h
Ort: Monte Cucco, Costacciaro/Umbrien/Italien
Teilnahmegebühr: 1.040,-EUR
Anmeldung: Schule für Naturtherapie, Postfach 1620, D-86819 Bad Wörishofen. Nähere Informationen zu Ort, Verpflegung und Übernachtungsmöglichkeiten erhalten Sie nach der Anmeldung.
Leitung: Christine Lallinger (Naturtherapeutin/Exist, Heilpraktikerin Psychotherapie., Claudia Gruber (Naturtherapeutin/Exist) psycholog. Beraterin; Markus Wimmer.